Am Sonntag, den 24.10.21 läuft der Tatort „Blind Date“ erstmals im Ersten. Es ist der zweite gemeinsame Einsatz von Heike Makatsch und Sebastian Blomberg als Kommissare Berlinger und Rascher in Mainz. Autor Wolfgang Stauch und Regisseurin Ute Wieland verwickeln sie dabei in einen Fall, in dem es um Selbstbestimmung und Sehnsucht nach Risiko geht, um Spielarten von Gefühlen und die Frage, wann es ernst wird. Produziert wurde dieser Tatort von Ziegler Film.

 

Eine Rezension von SWYRL/Eric Leimann, veröffentlicht am 20.10.2021 bei SWYRL:

 

„Heike Makatschs wilde Mainzer Herzen

 

Erst zum dritten Mal in fünf Jahren ermittelt Heike Makatsch als „Tatort“-Kommissarin. Die Kritiken waren bislang verhalten, was jedoch nicht an der Schauspielerin lag. Diesmal funktioniert ihre Mainzer Lonely Mother-Figur mit Ermittlungspartner Sebastian Blomberg. Der Grund? Eine starke Story!

 

Wenige „Tatort“-Ermittler hatten bisher einen so holprigen, ja geradezu merkwürdigen Start wie Heike Makatsch. Bei ihrem ersten Einsatz in Freiburg 2016 war die damalige Mittvierzigerin überraschend für die Produktion ziemlich schwanger. Also musste man ihrer – an sich – einsamen Figur ein Kind samt geheimem Vater in die Folgedrehbücher schreiben.

Dann starteten 2017 auch noch Hans-Jochen Wagner und Eva Löbau als „Schwarzwald“-Kommissare Tobler und Berg in der gleichen Stadt, was einen Umzug von Ellen Berlinger nach Mainz verursachte. Dort bekam sie den hochsensiblen, um nicht zu sagen schratigen Kollegen Martin Rascher (Sebastian Blomberg) für ihren zweiten Film „Zeit der Frösche“ (2018) an die Seite gestellt.

Das Fazit nach zwei „Tatorten“ mit Makatsch: eher mau. Überladene bis uninspirierte Drehbücher, zwei bestenfalls durchschnittliche „Tatort“-Folgen. Der vorläufige Abgesang könnte nun mit dem Film „Blind Date“ verstummen, denn die Story des Krimis um eine blinde Zeugin und ein „Wild at Heart“-artiges Mörderpärchen wird bärenstark erzählt. Da können nun auch endlich die Ermittelnden glänzen.

Beim zweiten Mainzer Tankstellenüberfall nach gleichem Muster wird ein Angestellter erschossen. Einzige Zeugin ist die blinde Jura-Studentin Rosa Münch (Henriette Nagel), die immer noch – recht überbehütet – bei ihren Eltern wohnt. Das Ermittlungs-Team Berlinger und Rascher folgt den Hinweisen der Blinden: ein sündhaft teures Parfüm, das ihr in die Nase stieg, der warme Motor eines geländegängigen Motorrads, dazu Stimmen von Tatverdächtigen.

Nach dem Ausschlussverfahren bleiben einige Tatverdächtige übrig, es kommt zur akustischen Gegenüberstellung. Doch Rosa verhält sich merkwürdig. Das vom bürgerlichen Leben gelangweilte Luxus-Pärchen Moritz (Jan Bülow) und Sophie (Anica Happich) könnte durchaus für die Überfälle und den Mord verantwortlich sein. Doch die Zeugin streitet ab, ihre Stimmen erkannt zu haben. Ist die junge Frau so fasziniert von den beiden, dass ihre Lust auf ein Abenteuer größer ist als die Gefahr, einzige Zeugin eines Mordes zu sein?

 

Erinnerungen an David Lynchs „Wild at Heart“

 

An diesem wirklich gelungenen „Tatort“ aus Mainz sieht man mal wieder, worauf es ankommt: eine gute Geschichte, die von Könnern ihres Fachs sensibel umgesetzt wird. So dürfen auch die Ermittelnden, Heike Makatsch und Sebastian Blomberg, in ihren Parts glänzen. Die Basis für den Erfolg legen der immer wieder auffällig starke Drehbuchautor Wolfgang Stauch („Tatort: Leonessa“, „Tatort: Anne und der Tod“) sowie Regisseurin Ute Wieland, die mit Filmen wie „Tigermilch“ (auch Drehbuch) bewiesen hat, dass sie gerade junge Frauenfiguren mitreißend erzählen kann. Die Dreiecksbeziehung zwischen dem jungen, wohlstandsverwöhnten Outlaw-Pärchen Moritz und Sophie sowie der blinden Rosa ist wunderbar offen und deshalb so spannend konzipiert. Auch dank der weitgehend unbekannten Darstellerinnen und Darsteller, die bislang eher am Theater auffielen, gelingt die Umsetzung.

Rosa-Darstellerin Henriette Nagel, 29 Jahre alt, ist im echten Leben übrigens nicht blind und musste für ihre Rolle ein Training absolvieren. Normalerweise arbeitet die gebürtige Berlin-Kreuzbergerin im Theaterensemble des Münchener Volkstheaters. Nach Film- und Serienrollen in „Freche Mädchen“ und „In aller Freundschaft“ dürfte man sie nach diesem „Tatort“ ebenso auf dem Zettel haben wie ihre 32-jährige Spielpartnerin Anica Happich. Deren Femme-fatale-Rolle ist mit das Beste, was man in diesem „Segment“ in letzter Zeit im deutschen Fernsehen zu sehen bekam.

Dass das Gangsterpärchen Moritz und Sophie durchaus ein bisschen an David Lynchs ikonografisches „Wild at Heart“-Duo Sailor (Nicolas Cage) und Luna (Laura Dern) erinnert, dürfte jenen, die sich an das cineastisch einflussreiche Road Movie von 1990 erinnern, durchaus Spaß machen. Auch in der Mainzer Provinz kann man stilvoll böse sein – und die bürgerliche Moral selbst des Jahres 2021 erschüttern.“ (Quelle: SWYRL/Eric Leimann)

 

 

„Am Sonntagabend, den 24.10.21 begann Das Erste die Primetime mit dem «Tatort: Blind Date» vor 8,69 Millionen Krimifans und mit einer herausragenden Quote von 26,5 Prozent. Der Krimi kam bei den 1,79 Millionen 14- bis 49- Jährigen ebenfalls auf eine ausgezeichnete Sehbeteiligung von 20,6 Prozent.“ (Quelle: Quotenmeter)

 

(Bildquelle: SWR/ Bettina Müller)